By Helin Ca.
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April 17, 2021
Das Buch Al-`Ubudiyah Was es heißt ein Knecht Allāhs zu sein. Alles Lob gebührt Allāh ﷻ, dem Herrn der Welten. Wir preisen Ihn und bitten Ihn um Hilfe. Wir erbeten Seine Vergebung und suchen Zuflucht in Ihm vor dem Bösen in uns selbst und vor dem Bösen unserer Taten. Derjenige, der von Allāh geleitet wird, wird nie vom rechten Weg abkommen und der, den Er in die Irre schickt, wird nie seinen Weg finden. Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allāh und ich bezeuge, dass Mohammad ﷺ Sein Knecht ist. Schon hier werden sich einige fragen, warum ich die Bezeichnung „Knecht“ vorziehe und nicht Diener benutze stattdessen. Auch wir stellten uns diese Frage als wir in einer Lesegruppe mit dem besagten Buch starteten. Sofort fingen gleich am Anfang die Diskussionen an, die sich bis zum ersten Drittel des Buches zogen, ob das Wort Knecht wirklich passend sei. Einige vertraten die Meinung, dass sich Knecht nicht gut anhöre, da man es im Deutschen negativ auffasse. Doch je mehr wir uns einlasen, desto mehr bemerkten wir, wie gleich, aber auch unterschiedlich die Bezeichnungen von Diener und Knecht eigentlich sind. Stellt euch ein Diener vor: Es ist jemand der „bestimmte“ Tätigkeiten für seinen Herrn ausführt, dafür seinen Lohn erhält, evtl. sich Urlaub nehmen könnte oder ggf. sogar kündigen könnte. Wird man aber mit dieser Übersetzung der Terminologie `Abd wirklich gerecht? Wenn man sich die Erklärungen zum Wort Knecht ansieht, wird es deutlich interessanter für uns: Jemand, der versklavt ist und keine andere Wahl hat, als zu dienen. Jemand der völlig abhängig ist und bedingungslos gehorchen muss… Und diese Bezeichnung stellte sich näher an die Beziehung, die ein Geschöpf zu seinem Herrn pflegt. So führt Sheikh ul Islām Ibn Taymīya رحمه الله, die Angelegenheit der Menschheit aus. Dass alle Menschen, ob Gläubig oder Ungläubig, dem allgemeinem schöpferischen Willen Allāhs (Al Irādah Kauniyah) unterworfen sind, ob sie sich freiwillig unterwerfen oder nicht, da Allāh ﷻ ihr Schöpfer, Lenker, Versorger u.v.m. und sie somit Sein Besitz und dementsprechend Sein `Abd (pl. `Ubaid - Knechte) sind. (vgl. Al `Ubudiyah S. 91) Das Verständnis, dass die Menschen dem allgemeinem schöpferischen Willen Allahs unterworfen sind, bereicherte uns als Lesegruppe, da wir bemerkten, dass man nicht in Wort und Tat Allāh dienen muss oder sich Muslim nennen muss, um Sein Diener/Knecht zu sein. Jedes einzelne Geschöpf ist Allāh unterworfen, da es in ein System reingeboren wird, was höchstpersönlich von Allāh, dem Erhabenen, erschaffen worden ist. Die Menschen und die Ğinn haben eine fristgesetzte Zeit, in der sie entscheiden können, dem Lebenssinn nachzugehen oder sich sinnlos mit dem, was Allah erschaffen hat bis zum Lebensende zu „vergnügen“. Da folglich also jeder ein Knecht Allāhs ist, erklärt Ibn Taymīya رحمه الله den Unterschied in der Knechtschaft (`Ubudiyah) zwischen dem Gläubigen und Ungläubigen in der freien Unterwerfung gegenüber Seiner Gesetzgebung und somit Seinem speziellen gesetzgeberischen Willen (Al Irādah Scharīʿa) (vgl. Al `Ubudiyah S. 73-76). „Da unter den ,,schöpferischen Willen“ ohnehin alles (Alle Geschöpfe) unterworfen ist, ist das, was verlangt wird, die freiwillige Unterwerfung unter den „gesetzgeberischen Willen“. Darauf beruhen Lohn und Strafe, „`Ibadah bedeutet also, sich aus freiem Willen der Shar`īa zu unterwerfen. Umso konsequenter man sich an ihre Vorschriften hält, umso vollkommener ist die Knechtschaft, umso näher kommt man Allāh und umso mehr wird man von Ihm geliebt.“ (vgl. Al `Ubudiyah S. 27) Somit erfuhren wir, dass jeder Mensch ein Knecht ist, der zwei Willen von Allāh unterworfen sein sollte- dem ersten allgemeinen schöpferischen Willen (Al Irādah Kauniyah), dem eh jeder unterworfen ist, wie oben ausgeführt und dem speziellen gesetzgeberischen Willen (Al Irādah Scharīʿa), dem man sich mit freier Wahl selbst unterwerfen muss und machten dieses Wort zu unsers. Das Buch Al `Ubudiyah, was es heißt ein Knecht Allāhs zu sein, fängt mit einer so einfach klingenden Frage eines Bruders im dreizehnten Jahrhundert an Ibn Taymīya رحمه الله an, der sich ernsthafte Gedanken gemacht hat, was es wirklich heißt ein `Abd (Knecht) Allāhs zu sein und was mit Ihm zu dienen (`Ibadah) gemeint ist, da Allāh ﷻ die Menschen dazu auffordert Ihm zu dienen mit der Offenbarung in der Sura al Baqara Vers 21: „Oh ihr Menschen, dient eurem Herrn.“ Er stellt also eine Frage, die uns ALLE betrifft, bis Yaum al Qiyama und die wir uns alle mindestens einmal gestellt haben sollten. Allāh ﷻ erklärt der Menschheit im Qur`ān klipp und klar, warum Er sie erschaffen hat: „Und Ich habe die Ğinn und die Menschen nur (dazu) erschaffen, damit sie Mir dienen.“ (vgl. Sure 51 Vers 56) Wenn dienen also der Hauptgrund ist, warum Allah ﷻ uns erschaffen hat, sollte die einzige Frage, die man sich als Muslim stellen sollte sein: Wie diene ich Allah ﷻ und was beinhaltet das Wort dienen? Genau diese Frage stellte der Bruder Sheikh ul Islām: „Was ist mit „Dienen“ - `Ibadah – gemeint? Was fällt alles darunter? Beinhaltet der Begriff `Ibadah die ganze Religion? Was bedeutet es ein `Abd zu sein – und ist ein Knecht Allāhs zu sein die höchste aller Stufen, die man im Dies- und Jenseits erreichen kann, oder gibt es noch höhere Stufen? Wir bitten um ausführliche Antwort.“ Die kurze Antwort mit der Ibn Taymīya رحمه الله anfängt, würde reichen, um das Wort `Ibadah zu verstehen… „`Ibadah (Gottesdienst) ist ein Sammelbegriff für alles, was Allah an Worten und Taten gefällt und Ihn zufrieden stellt, gleich ob sie äußerlicher oder innerlicher Natur sind.“ (vgl. Al `Ubudiyah S. 58) Mit dieser `genug erscheinenden Antwort` beginnt die Reise zur Erklärung zu der einzig wahren Knechtschaft, die Allāh ﷻ zufriedenstellt und wofür Er uns erschaffen hat. Im Buch und im Anhang des Buches ist das Leben von Ibn Taymīya sehr präzise vorgeführt, was einem einen essenziellen Einblick, in das verschafft, wessen Worte man liest und inwieweit er es ausgelebt hat, wovon er spricht. Er ist und war dafür bekannt, dass er in vielen verschiedenen Wissenschaften wissend war oder womit er wahrscheinlich in unserer heutigen Zeit mindestens mit einem Master bis Doktortitel ausgezeichnet wäre. Dass er schon mit 17 Jahren Mujtahid war erwähne ich nur am Rande…Er verfasste viele Bücher in denen er Theoretiker, Philosophen, Atheisten oder Andersgläubige ausführlich wiederlegte. Ibn Taymīya lernte bei 200 verschiedenen Gelehrten und bereicherte abgesehen von ihm selbst die Ummah mit Geschenken unter anderem wie Ibn Kathīr und Ibn ul Qayim al Jauzīya u.v.m., die er höchstpersönlich lehrte. In diesem Buch wiederlegt er mit der Erklärung, wie man ein wahrer Knecht Allāhs wird, Sufis und andere irregegangene Gruppierungen, die von sich behaupten, die höchste Stufe der Knechtschaft erreicht zu haben oder die Knechtschaft gegenüber Allāh ﷻ richtig auszuüben, obwohl Allāh ﷻ und der Gesandte Allāhs uns genau erklärt haben wie wir Ihm zu dienen haben. Er führt ihre Falschheiten bzw. ihre Bid`at (Erneuerungen) auf, die sie in die `Ibadah gegenüber Allāh etablierten und womit sie die Aufrechterhaltung des Tauhīds brachen und bis heute brechen. Am Anfang des Buches mag es erstmal alles kompliziert ausschauen, da der Bruder, der das Buch übersetzt hat (zu dem ich am Ende in shā Allāh nochmal kommen möchte) eigentlich in dem er die Kapitel kurz zusammenfasst einem es einfacher machen wollte. Da man aber über einige Verständnisse und Begriffe erst später im Buch Wissen erhält, erscheint es am Anfang komplizierter als es ist. Die Einleitung wie die Sahabah رضي الله عنهم den Glauben vom Propheten ﷺ erlernten, so wie die Erklärung der Shar`īa und dessen Einteilung in drei Bereiche als `Aqida , Fiqh und `Ilm al-Suluk verschafft einem Muslim eine Ordnung über seinen Dīn im Kopf. Nach der Erklärung und Einteilung der Shar`īa geht der Übersetzer des Buches in das eigentliche Thema, in dem er ein Hadīth vom Propheten ﷺ aufführt indem er sagte: „Ich wurde zu keinem anderen Zweck entsandt, als den guten Charakter zu vervollkommnen“, und dass er sagte: „Gewiss ein Mann kann mit seinem guten Charakter dieselbe Stufe erreichen wie einer, der fastet und freiwillig in der Nacht betet.“ (vgl. Ahmed, 8729 - Ahmed, 24073) Eine Stelle, die uns lange beschäftigte im Buch, war der Mafūm , dass Liebe ausschlaggebend dafür ist, dass man zum Knecht irgendeiner Sache wird, „da Liebe immer bedeutet, dass man sein Herz an etwas bindet und damit nach eben dieser Sache verlangt. Damit hängen Glück und Unglück davon ab, ob man das, was man liebt und nach dem man verlangt, erlangt oder nicht. So gerät man in die Abhängigkeit von dieser Sache selbst und allem, was einem verspricht sie zu erlangen, und wird damit zu ihrem Knecht.“ (vgl. Al `Ubudiyah S. 22-23) Im Lichte dieser Frage ist einer der zentralen Punkte seiner detaillierten Untersuchung der menschlichen Psyche die Feststellung, dass man umso freier wird, umso mehr es einem gelingt, sich als Knecht ausschließlich nur Allāh allein zu unterwerfen und dass man umso mehr in die Abhängigkeit von anderen Geschöpfen gerät und damit zu ihrem Knecht wird, umso weniger einem das (die Knechtschaft ausschließlich Allāh zu widmen) gelingt. (vgl. Al `Ubudiyah S. 22) Kapitel zu Kapitel, Seite zu Seite, Absatz zu Absatz, Satz zu Satz und Wort zu Wort führt Ibn Taymīya einem durch einen Reflexionsprozess und sitzt dabei als Lehrer gefühlt neben einem. Er führt einem durch die verschiedenen Mafahīm , wie zB. die fünf Stufen der Liebe, die man im Herzen spüren kann, Imān und Walā gegenüber Allāh, Ikhlās und Ittiba` (d.h. dass man Allāh so dient, wie es uns der Prophet ﷺ gelehrt hat) u.v.m. und begleitet einem zu der von ihm formulierten Erkenntnis: „Der Ursprung jedes Irrweges, der je gegangen wurde, liegt darin, dass man die eigenen Schlüsse dem Wortlaut der Offenbarung von Allāh vorzieht und dass man lieber den eigenen Neigungen nachgeht, als die Gebote Allāhs zu befolgen.“ So erklärt Ibn Taymīya, dass der Ursprung eines jeden Irrwegs darin liegt, dass man statt der Shar’īa (der Gesetzgebung Allāhs) seinen Neigungen folgt und stellt fest, dass jeder zu dem neigt, was er liebt. „Jeder Mensch hat einen bestimmten Geschmack und bestimmte Leidenschaften, die dem entsprechen, was er liebt; d.h. jeder, der etwas liebt, dessen Geschmack und Leidenschaft entsprechen dem, was er liebt. (vgl. Al `Ubudiyah S. 125) Durch diese und viele andere Erklärungen und tiefen Einblicke in sein Wissen über, wie man Allāh ﷻ zu dienen hat und wie es falsch wäre Ihm zu dienen, therapiert Ibn Taymīya einen, ohne dass man es wirklich bemerkt, dass ein Veränderungsprozess in einem geschieht. Während man es liest und besonders, wenn man zum Ende kommt, bemerkt man, wieviel tiefgründiges Wissen einem zu der wichtigsten Thematik unseres Lebens gefehlt hatte und wie diese eigentlich ausgeführt werden sollte. Ich empfehle jedem das Buch Al `Ubudiyah zu lesen und wünsche jedem es zu verstehen bzw. zu verinnerlichen. Es ist, so wie auf der Buchrückseite erwähnt: „Ein Buch, was ihr Leben verändern könnte.“ Um flüssiger lesen zu können empfehle ich jedem Laien vorher das Buch Tauhīd - Der Eingottglaube im Islam von Abu Ameenah Bilal Philips zu lesen, um Grundkonzepte des Islams vorher studiert und erlernt zu haben und somit einen besseren Einstieg und Ausgang aus Al `Ubudiyah haben zu können. Ich kann euch nur sagen, dass wir uns über einige Textstellen 1-2 Stunden manchmal unterhielten, weil sie so genial und einfach verfasst waren und man somit mit sich sehr gut selbst reflektieren konnte. Ich persönlich hatte die Wahrnehmung, als würde Ibn Taymīya vor mir sitzen und mir den Dīn beibringen. Als das Buch sein Ende nahm, wollte ich immer langsamer lesen, damit wir uns eine weitere Woche in der Lesegruppe treffen können aufgrund des Buches. Wie alles ein Ende hat, lasen wir das Buch zu Ende. Bei der Rezension des Buches in der Runde konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten, da ich nochmal bemerkte, wieviel ich aus diesem Buch für mein weiteres Leben bzw. mein Studium im Islam ein besserer `Abd (Knecht) zu werden, mitnehmen werde und mit Allāhs Hilfe versuchen werde es umzusetzen. Möge Allāh ﷻ den Übersetzer (Abdullah Deffner) dieses wichtigen Buches mit dem Besten belohnen. Durch seine erklärenden Klammern zwischendurch kann man Ibn Taymīya, der einen sehr eigenen Schreibstil hat, besser folgen. Auch seine Fußnoten zu geschichtlichen Ereignissen, sowie zu Personen ist außerordentlich lobenswert. Seine wissenschaftliche Vorgehensweise erleichterte es uns mitzukommen und zu verstehen, worum es geht. Möge Allah ﷻ Dr. Sayed Fathalla Abouzid, der einen exzellenten Artikel über Ibn Taymīya und seiner Person im Anhang des Buches zugefügt hat und zu den Korrektoren des Buches gehört, sowie alle anderen Geschwister, die bewusst oder unbewusst an diesem Buch mitgewirkt haben, rechtleiten und sie reichlich belohnen. Ich bitte jeden Muslim, der dies liest, sich dieses Buch zu kaufen, zu lesen, es versuchen zu verstehen, umzusetzen und besonders zu verinnerlichen, um ein islamisches Bewusstsein aufzubauen, denn es ist eine wissenschaftliche Studie, die dir vereinfacht erklärt, was es heißt ein Knecht Allāhs zu sein Wasalam Helin Ca.