Nach den Anschlägen vom 11. September begann für zugewanderte Muslime in Europa eine Zeit der Ungewissheit, Anfeindung und pauschalisierender Diskriminierung. Die folgenden Jahre waren gefüllt mit politischen Ereignissen, die bis heute tiefe Narben in unseren Existenzen hinterlassen haben.
Der designierte amerikanische Präsident, George W. Bush sprach von einem Kreuzzug. Doch es sollte kein Kreuzzeug im klassischen Sinne werden. Vielmehr entwickelte sich aus diesem Konflikt ein Mehrfrontenkrieg. Es wurde / wird nicht nur auf dem Schlachtfeld gekämpft sondern auch ideell.
In den Jahren zwischen 2004-2010 veröffentlichte ein Think Tank namens Rand Corporation mehrere politisch motivierte und ideell begründetet Texte die sich einschlägig mit der Frage, wie die amerikanische Außenpolitik, die bewusste Veränderung islamisch geprägter Gesellschaften in eine neue, dem Westen angepasste Zeit führen kann. Dabei geht es in den Veröffentlichungen vordergründig um die Entwicklung einer moderaten und liberal-islamischen Zivilisation und wie man diese dauerhaft und langfristig umsetzen kann.
Die Rand Corporation wird größtenteils durch Mittel aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium bezahlt. Das Budget beträgt etwa 300 Mio. Dollar jährlich.
Einige Texte, die zu diesem Thema veröffentlicht wurden, tragen folgende Titel:
• Civil Democratic Islam
• U.S. Strategy in the Muslim World after 9/11
• Building Moderate Muslim Networks
Eine der Autorinnen dieser Veröffentlichungen heißt Cheryl Benard. Benard ist „zufällig“ die Ehefrau von Zalmay Khalilzad. Dieser war unter der Bush Regierung Ständiger Vertreter der USA in Afghanistan, im Irak und zuletzt bei den Vereinten Nationen. Davor war er Sonderberater des US-Außenministeriums für Afghanistan. Khalilzad ist Mitglied des rechtskonservativen „Project for the New American Century“.
Anhand dieser Texte, aus den frühen Jahren nach dem 9/11 Ereignis und den Verfassern, kann man deutlich erkennen, welche ideellen Ziele die Vereinigten Staaten schon von Anbeginn verfolgt haben und wie strategisch sie vorgegangen sind, während die Muslime regelrecht geschlafen haben.
Zitat aus einem Rand_Bericht aus dem Jahr 2007 von Cheryl Benard:
„Der Kampf, der durch den größten Teil der muslimischen Welt hindurch geführt wird, ist im Eigentlichen ein Kampf der Ansichten. Sein Resultat wird die zukünftige Richtung der muslimischen Welt bestimmen.“
Aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium, und zwar in seinem vierteljährlichen Verteidigungs-Rückblick aus dem Jahr 2005, heißt es:
„Die Vereinigten Staaten sind an einem Krieg beteiligt, der sowohl eine Schlacht von Streitmächten und eine Schlacht von Ansichten darstellt. Ein Krieg, in dem endgültiger Sieg nur erreicht werden kann, wenn extremistische Ideologien in den Augen der sie vertretenden Bevölkerung und indirekten Unterstützern belanglos werden.“
Im „U.S. News and Worldreport“ aus dem Jahr 2005 heißt es:
„Heute schlägt Washington zurück. Nach wiederholten Fehltritten nach den Anschlägen vom 11. September hat die US Regierung eine Kampagne politischer Kriegsführung begonnen, für desgleichen man sich seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr versammelt hatte. Von militärischen Truppen für Operationen und CIA Geheimagenten, bis zu öffentlich gestifteten Medien und Beratungsversammlungen, steckt Washington Abermillionen von Dollar in eine Kampagne, nicht nur, um die muslimische Gesellschaft allein, sondern auch um den Islam selbst zu beeinflussen.“
Dann fährt der Artikel fort:
„In mindestens zwei Dutzend Ländern hat Washington auf diskrete Weise, islamische Radio- und Fernsehsendungen, Arbeitsgemeinschaften an muslimischen Schulen, muslimische Ratsversammlungen, politische Workshops und andere Programme gestiftet, die einen moderaten Islam präsentieren. Föderale Hilfe fließt in die Restauration von Moscheen, die Erhaltung von alten Koranexemplaren und sogar in den Bau von islamischen Schulen.“
Ideelle Gegenwehr und Verteidigung dieser Vorgaben endet nicht selten in Verfolgung, im Gefängnis oder in manchen Fällen auch im Tod. Im Jahre 2018 wurde ein saudischer Gelehrte und Hochschulprofessor festgenommen und jetzt zu einer 10 jährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er sich weigerte einen im Jahre 2005 veröffentlichten religiösen Text umzuschreiben, die von der US-Regierung als feindlich gewertet wurde. Er gehörte zu den 26 Gelehrten die eine Fatwa erlassen hatten, dass die Iraqis sich gegen die US-Besatzung in ihrem Land wehren sollten. Der Westen, aber allen voran die Amerikaner, haben ihre verlängerten Arme in die muslimische Welt getragen und agieren ideell in ihrer Außenpolitik an der Zukunft des modernen Islam.
Hierzu passt ein Zitat von ― Samuel P. Huntington aus seinem Buch “The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order”
„Der Westen gewann die Weltherrschaft nicht durch die Überlegenheit seiner Ideen oder Werte oder Religion, sondern vielmehr durch seine Überlegenheit bei der Anwendung organisierter Gewalt“.
Moderate “Muslime”
Wer oder was sind moderate Muslime? Laut Definition zeichnen folgende Merkmale einen moderaten Muslim aus, denn es gibt laut RAND Coorperation tatsächlich eine Liste, um zu definieren, wer ein moderater Muslim ist und wer nicht.
„Charakteristiken eines moderaten Muslims“ von Rand Publikationen:
1. Demokratie: Ein moderater Muslim ist ein Muslim, der an die Demokratie und das demokratische System glaubt.
-„Eine Teilnahme an der Demokratie, wie sie in der liberalen westlichen Tradition verstanden wird“ – nicht wie wir es verstehen würden.
2. Akzeptanz von nichtreligiösen Gesetzesquellen
3. Respekt für die Rechte der Frauen und religiöser Minderheiten – In ihrem Sinne versteht sich
4. Opposition zu Terrorismus und illegitimer Gewalt
„Duldet die Gruppe oder die einzelne Person Gewalt? Wenn Sie Gewalt zurzeit nicht duldet oder unterstützt, hat Sie sie in der Vergangenheit geduldet oder unterstützt?“
Sie werden dich also nicht einmal in Ruhe lassen, wenn du jetzt gegen Gewalt sprichst. Wenn du in der Vergangenheit mit Gewalt zu tun hattest, dann wirst du dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Entwicklungen der Gegenwart, am aktuellen Beispiel von Nemi al-Hassan
Nemi al Hassan ist anfang 30 und studierte Ärztin. Sie hat einige erfolgreiche Formate für den deutschen Rundfunk produziert und ist Mitinitiatorin der Plattform Datteltäter. El-Hassan sollte im September 2021 die Wissenschaftssendung Quarks moderieren. Die Bild-zeitung deckte auf, dass El-Hassan in der Vergangenheit wohl offen gegen die Israelpolitik demonstriert, Anti-Zionistische Think Tanks geliked hat und ein Kopftuch trug. Sie musste sich öffentlich entschuldigen, distanzieren und angeben, dass sie aus Naivität und Unwissenheit heraus gehandelt hat.
Jahrelange Überzeugungen über Board geworfen, das Kopftuch abgenommen und grundliegende Verständnisse negiert. Wofür ? Damit weltliche Ziele erreicht werden können und damit Mainstreammedien und Gesellschaft mit einem zufrieden sind. Sie wurde in die Knie gezwungen ! Nichts anderes. Und sie selbst hat zur ihrer Dekonstruktion beigetragen. Und es hat nicht einmal zu etwas konstruktivem geführt. Sie hat den Job verloren und muss jetzt mit den Konsequenzen der öffentlichen Diffamierung leben.
Doch was möchten Medien und Politik schaffen? Welche praktischen Beispiele gibt es, damit wir uns ein Bild vom moderaten Muslim machen können ?
Akzeptierte Moderate Muslime der Gegenwart im deutschsprachigen Raum, die in öffentlichen Debatten zur Rate gezogen wurden, sind beispielweise:
• Ahmad Mansour
• Mohamed Amjahed
• Hamed Abdel Samad
• Seyran Ates
• Datteltäter
• Mouhanad Khorchide
• Lamya Kaddor
• Aiman Mayzek
• Necla Kelek
• Navid Kermani
• Reyhan Şahin
Anhand dieser Beispiele kann man sehr deutlich erkennen, welche Linie die deutsche Regierung und Medienlandschaft in den vergangen Jahren verfolgt hat. Die immer stärker werdende Präsenz von Islamkritikern und das bewusste darstellen eines konstruierten moderaten Muslims. Es ist jedoch auch ein Signal an alle anderen Muslime in Deutschland und Europa, dass man den „anderen“, „absoluten“ Islam nicht akzeptieren oder tolerieren wird.
Der deutsche Politik- und Medienwissenschaftler Kai Hafez und die Kommunikationswissenschaftlerin Sabrina Schmidt untersuchten im Jahr 2015, mit Unterstützung des Bertelsmann Verlags das Negativbild des Islams in der deutschen und europäischen Gesellschaft und stellten unter anderem fest, dass der Islam nicht als Religion, sondern vielmehr als demokratiefeindliche und politische Ideologie wahrgenommen wird. Die Entstehungskriterien für diese Wahrnehmung sind mitunter in der journalistischen Darstellung zu suchen, laut Hafez.
Der Vorstandsvorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, sagte 1999, dass das negative Islambild in der Gesellschaft auf denselben Fehlinformationen aufgebaut ist wie das der Juden früher.
Der „persönliche Islam, der „Ich empfinde“, „Ich denke und meine“-Islam ist und soll die Zukunft werden. Wer nicht folgt, wird angreifbar und zur Zielscheibe von Diffamierungen, Hetzkampagnen und medialer Verfolgung.
Allah swt spricht im Quran 7:175-176
„Und erzähle ihnen die Geschichte dessen, dem Wir unsere Zeichen gaben, der aber an ihnen vorbeiglitt; so folgte Satan ihm nach, und er wurde einer der Irregegangenen. Und hätten Wir es gewollt, hätten Wir ihn dadurch erhöhen können; doch er neigte der Erde zu und folgte seiner eigenen Neigung. Er gleicht daher einem Hunde: treibst du ihn fort, so hängt er seine Zunge heraus; lässt du aber von ihm ab, so hängt er auch seine Zunge heraus. Gerade so ergeht es Leuten, die Unsere Zeichen leugnen. Darum erzähle (ihnen) die Geschichten, auf dass sie sich besinnen mögen.“ 7:175-176
Dazu fällt mir folgendes Zitat von einem jungen Prediger ein.
“This man (Bel’am) received the ayaat of Allah, but he detached himself from the ayaat of Allah and followed his own desires. This person had the knowledge, but he was misguided because of his attachment to dunya, because he followed his own desires. This is contrary to Islam. Islam is submission to Allah. You submit to Allah, even if it’s against your own will and desires. You give up your desires for Allah. We do not custom make Islam to serve us. We change ourselves to fit into Islam. We change our own characters to fit Islam. Islam is COMPLETE submission. Submission to Allah. This man (Bel’am) had the knowledge, but it didn’t do him any good because he followed his own desires.”
Wir leben in einer Zeit, in der eine abweichende Meinung von der dominierenden, weitreichende Konsequenzen tragen könnte. Jedoch scheint genau hier eines der wesentlichen Probleme der derzeitigen Zivilisation zu beginnen. Muslime meinen nicht, Muslime sind überzeugt, dass das Wort ihres Schöpfers unter allen Umständen bewahrt und umgesetzt werden muss. Wir haben keine andere Wahl. Und genau hier beginnt der Konflikt. An genau diesem Punkt beginnt der Kampf der Ideen. Der Islam ist das einzige ideelle Konzept, welches sich massiv gegen die Dominanz der globalisierten und konstruierten Inszenierung einer Idee des Individualismus zur Wehr setzt. Und dieser Konflikt muss unter allen Umständen beobachtet und eingeschätzt werden.
Die Menschen müssen sich darüber bewusst werden, dass sie permanent und ständig unter der Manipulation und Beeinflussung ideeller Konzepte leben und es wohlmöglich nicht einmal bemerken.
Wodurch das Dilemma entsteht, dass viele die sich in einem unbewussten Zustand befinden und vor sich hin träumen, die ersten sein werden die ihre Werte und Überzeugungen ablegen, weil sie nie gelernt haben kritisch und konstruktiv zu denken. Sie verwechseln oft auch, dass falsch geführte Diskurse innerhalb der muslimischen Community wohlmöglich ein Indiz dafür seien, dass der Islam an sich Fehler aufweist. Sie entscheiden durch ihr beschränktes Verständnis darüber was richtig und falsch könnte, anhand von Begegnungen einzelner Muslime oder politischer Entwicklungen.
Das sind allerdings Täuschungen und der Muslim der so handelt, geht nicht kritisch genug mit sich selbst um und ist zu Hochmütig um zu erfassen, dass die Fehler bei ihm selbst liegen, in dem er es über Jahre hinweg verpasst hat, sich mit sich selbst und seiner Umwelt zu befassen um ein tatsächliches Verständnis darüber zu entwickeln was, wohlmöglich über seiner Auffassungsgabe liegen könnte. Wir müssen bewusster und aufmerksamer werden. Unsere Umwelt erfassen und studieren und aufhören uns den Begebenheiten anzupassen, nur weil es wohlmöglich bequemer wäre.